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Morchel als Heilpilz

Die Morchel (Morchella spp.) ist nicht nur ein kulinarisch hochgeschätzter Speisepilz, sondern wird auch in der Volksmedizin und Naturheilkunde traditionell für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften genutzt. Moderne Studien beginnen, diese Wirkungen wissenschaftlich zu untersuchen, wobei erste Ergebnisse vielversprechend sind.


Heilwirkungen der Morchel (traditionell & potenziell medizinisch):

1. Immunstärkend

  • Morcheln enthalten Beta-Glucane, spezielle Polysaccharide, die das Immunsystem modulieren und aktivieren können.

  • Diese Stoffe fördern die Bildung von Makrophagen und natürlichen Killerzellen, die für die Abwehr von Krankheitserregern wichtig sind.

2. Antioxidativ

  • Morcheln enthalten Phenole und andere antioxidative Verbindungen, die freie Radikale im Körper neutralisieren können.

  • Dadurch könnten sie helfen, Zellschäden und vorzeitiger Alterung vorzubeugen.

3. Entzündungshemmend

  • In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) werden Morcheln zur Linderung chronischer Entzündungeneingesetzt, etwa bei Arthritis oder Magen-Darm-Beschwerden.

4. Verdauungsfördernd

  • Morcheln gelten als leicht verdaulich und wurden volksmedizinisch zur Stärkung der Verdauung verwendet.

  • Besonders nach längeren Erkrankungen wurde Morchelsuppe als aufbauendes Nahrungsmittel geschätzt.

5. Unterstützend bei Erschöpfung und Schwäche

  • In asiatischen Heiltraditionen werden Morcheln als tonisierendes Lebensmittel angesehen, das bei Schwächezuständen, Müdigkeit oder Rekonvaleszenz unterstützend wirken kann.

6. Potenziell antikarzinogen (noch in Forschung)

  • Erste Laborstudien deuten darauf hin, dass Extrakte aus Morcheln wachstumshemmend auf bestimmte Tumorzellen wirken könnten – gesichert ist dies jedoch (noch) nicht klinisch.


Formen der Anwendung in der Naturheilkunde:

  • Morchelsuppe: Klassisch für geschwächte oder rekonvaleszente Personen.

  • Tee oder Dekokt: In der TCM bei Lungenschwäche und zur Immunstärkung verwendet.

  • Getrocknet & pulverisiert: Als Zusatz in Brühen oder Kapseln (vor allem in asiatischen Gesundheitsprodukten).


Wichtig:

  • Nur durchgegarte Morcheln verzehren! Roh sind sie giftig und können Magen-Darm-Beschwerden verursachen.

  • Verwechslungsgefahr mit Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta), die stark giftig ist!


Guanosinmonophosphat

Was ist Guanosinmonophosphat (GMP)?

  • Chemisch: Ein Nukleotid – also ein Baustein der RNA

  • Struktur: Besteht aus der Base Guanin, Zucker (Ribose) und einer Phosphatgruppe

  • Kommt natürlich in tierischen und pflanzlichen Zellen vor

  • In Morcheln ist es einer der wichtigsten Geschmacksverstärker


Wirkung in Morcheln:

1. Geschmack: Umami-Verstärker

  • GMP wirkt als starker natürlicher Umami-Verstärker

  • In Kombination mit Glutaminsäure (Glutamat), die ebenfalls in Morcheln vorkommt, entsteht ein synergischer Effekt:

    • Das heißt: Beide Stoffe verstärken sich gegenseitig im Geschmack

    • Resultat: Ein besonders herzhaft-würziger, fleischähnlicher Geschmack, der Morcheln so beliebt macht

  • Deshalb werden Morcheln auch als edel-aromatische Pilze geschätzt, auch in getrockneter Form

2. Wirkung auf den Körper (indirekt):

  • GMP selbst hat keine direkte pharmakologische Wirkung beim Menschen, da es im Verdauungstrakt in seine Einzelteile zerlegt wird

  • Dennoch kann es den Appetit anregen durch die Geschmackswahrnehmung (Umami)

  • GMP ist ein signalgebender Stoff in Zellen, spielt aber in Lebensmitteln keine aktive Rolle mehr

  • Keine bekannten Nebenwirkungen bei Verzehr über Nahrung


Zusätzliche Effekte in Morcheln:

  • Morcheln enthalten neben GMP auch andere bioaktive Substanzen, etwa:

    • Polysaccharide (immunmodulierend)

    • Antioxidantien

    • Mineralstoffe wie Kalium, Eisen und Zink

  • GMP trägt vor allem zum kulinarischen Wert bei, weniger zur Heilwirkung


Fazit:

Guanosinmonophosphat (GMP) macht Morcheln besonders schmackhaft durch ihre ausgeprägte Umami-Note. Es ist ein natürlicher Geschmacksverstärker, der zusammen mit Glutamat eine wichtige Rolle bei der sensorischen Wahrnehmung spielt. Medizinische Wirkungen sind indirekt über den Geschmack, aber nicht therapeutisch relevant.


Uridinmonophosphat

Uridinmonophosphat (UMP) ist ein natürlich vorkommendes Nukleotid, das in nennenswerter Menge in Morcheln (Gattung Morchella) enthalten ist – besonders in getrockneter Form. Es hat sowohl kulinarische als auch potenziell gesundheitsfördernde Wirkungen.


Was ist Uridinmonophosphat (UMP)?

  • Struktur: Ein Nukleotid, bestehend aus der Base Uracil, dem Zucker Ribose und einer Phosphatgruppe

  • Funktion in lebenden Organismen: Baustein der RNA, beteiligt an Zellstoffwechsel, Energieübertragung und Biosynthese

  • Kommt in allen lebenden Zellen vor – in Morcheln besonders konzentriert


Wirkung von UMP in Morcheln

1. Geschmack (Umami-Verstärkung)

  • UMP wirkt, ähnlich wie Guanosinmonophosphat (GMP), als natürlicher Umami-Verstärker

  • Gemeinsam mit freier Glutaminsäure (Glutamat) erzeugt es einen tiefen, fleischig-würzigen Geschmack

  • Diese Kombination macht Morcheln zu einer begehrten Zutat in feinen Saucen, Fonds und Fleischgerichten


2. Potenzielle gesundheitliche Wirkung (noch in Erforschung)

a) Neurologische Unterstützung:

  • Studien (v. a. in Verbindung mit Cholin und DHA) zeigen, dass UMP an der Synthese von Neurotransmittern(z. B. Acetylcholin) und Membranphospholipiden beteiligt ist

  • Es wird diskutiert, ob eine UMP-reiche Ernährung bei kognitiven Prozessen, Lernfähigkeit oder Gedächtnisunterstützen kann

  • Die EFSA erkennt diese Wirkung für UMP allein jedoch nicht offiziell an

b) Zellregeneration & Energiestoffwechsel:

  • UMP ist am Pyrimidin-Stoffwechsel beteiligt – wichtig für DNA-/RNA-Reparatur, Zellwachstum

  • Potenziell interessant bei Regeneration und Stoffwechselvorgängen, aber die Aufnahme aus Lebensmitteln ist begrenzt

c) Milder Einfluss auf Stimmung und Schlaf:

  • In Tierversuchen zeigte UMP in Kombination mit anderen Nukleotiden Hinweise auf antidepressive Effekte, allerdings nicht belegt beim Menschen


Acetylcholinesterase-Hemmer

Die Wirkung von Acetylcholinesterase-Hemmern in Morcheln ist ein spannender Bereich der medizinisch orientierten Pilzforschung. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe in Morcheln eine hemmende Wirkung auf die Acetylcholinesterase (AChE) haben könnten – was potenziell neurologisch schützend wirkt.


Was ist Acetylcholinesterase?

  • Acetylcholinesterase (AChE) ist ein Enzym, das den Botenstoff Acetylcholin im Nervensystem abbaut.

  • Acetylcholin ist entscheidend für:

    • Gedächtnisleistung

    • Lernprozesse

    • Muskelkontraktion

    • Parasympathische Nervenfunktionen

  • Eine Hemmung dieses Enzyms führt zu erhöhten Acetylcholin-Spiegeln – das kann z. B. bei Alzheimer-Demenzoder kognitivem Abbau therapeutisch hilfreich sein.


Acetylcholinesterase-Hemmer in Morcheln

Studien (v. a. aus China, Indien und Osteuropa) haben gezeigt:

  • Extrakte aus Morcheln (v. a. Morchella esculenta und Morchella conica) zeigen eine mäßige bis signifikante hemmende Wirkung auf das AChE-Enzym in vitro (also im Reagenzglas).

  • Die hemmenden Substanzen sind vermutlich:

    • Phenolische Verbindungen

    • Flavonoide

    • Terpene und andere sekundäre Metaboliten

  • Diese Stoffe können in Kombination einen synergistischen Effekt haben


Mögliche Wirkungen beim Menschen (theoretisch):

  • Neuroprotektive Wirkung: Schutz von Nervenzellen durch Erhalt des Acetylcholinspiegels

  • Gedächtnisförderung: Theoretisch denkbar bei regelmäßigem Verzehr in hoher Konzentration

  • Milde cholinerge Wirkung: Unterstützung der Reizleitung im Nervensystem

Wichtig: Die Konzentrationen in üblichen Speisepilz-Portionen sind wahrscheinlich zu niedrig, um eine spürbare pharmakologische Wirkung zu entfalten – aber sie könnten präventiv (z. B. in Ernährung für die kognitive Gesundheit) sinnvoll sein. 


Fazit:

  • Morcheln enthalten bioaktive Stoffe, die in vitro die Acetylcholinesterase hemmen können

  • Diese Eigenschaft macht sie interessant für die Forschung im Bereich Neurodegeneration (z. B. Alzheimer)

  • In der Ernährung können sie einen kleinen Beitrag zur Gehirngesundheit leisten. 

Morcheln in TCM

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gelten Morcheln (Chinesisch: 羊肚菌, Yángdǔjūn) seit langem als wertvolle Heil- und Stärkungspilze. Sie werden sowohl als Nahrungsmittel mit tonisierender Wirkung als auch als Mittel zur Unterstützung von Organfunktionen geschätzt – insbesondere bei chronischer SchwächeLungenbeschwerden und Verdauungsproblemen.


TCM-Klassifikation von Morcheln

  • Temperaturverhalten: Warm

  • Geschmack: Süß

  • Wirkeintritt: Mild, aber langfristig stärkend

  • Wirkrichtung: Aufbauend und harmonisierend

  • Zugeordnete Meridiane / Organe: Milz, Lunge, Niere


Heilwirkungen aus TCM-Sicht

1. Stärkung der Milz (Pi) und Verdauung

  • Morcheln gelten als milde Tonika für die Milzenergie, die in der TCM für die Verdauung, Nährstoffaufnahme und Qi-Produktion zuständig ist

  • Einsatz bei:

    • Müdigkeit nach dem Essen

    • Blähungen, Völlegefühl

    • Schwäche nach langer Krankheit

  • Sie helfen, Feuchtigkeit zu transformieren und Qi aufzubauen

2. Unterstützung der Lungenfunktion (Fei)

  • Morcheln werden zur Befeuchtung der Lunge verwendet

  • Sie lösen Schleim und erleichtern das Abhusten

  • Einsatz bei:

    • Chronischem Husten, v. a. trocken oder mit zähem Schleim

    • Reizhusten durch Trockenheit

    • Lungen-Qi-Schwäche (z. B. Infektanfälligkeit)

3. Tonisierung der Nieren (Shen)

  • Die Nieren speichern in der TCM die Essenz (Jing) und sind verbunden mit Lebenskraft, Knochen, Gehirn und Fruchtbarkeit

  • Morcheln gelten als sanfte Stärkungsmittel für:

    • Rekonvaleszenz

    • Altersbedingte Schwäche

    • Libido- und Energiemangel

  • Besonders hilfreich in Kombination mit anderen „Shen“-tonisierenden Lebensmitteln (z. B. schwarzer Sesam, Walnüsse)

4. Immunstärkend (Abwehr-Qi / Wei Qi)

  • Durch ihre Polysaccharide und tonisierende Wirkung stärken Morcheln das Abwehr-Qi

  • Helfen bei:

    • Erhöhter Infektanfälligkeit

    • Nachwirkungen von Atemwegserkrankungen

    • Allgemeiner Schwäche


Anwendung in der TCM-Küche

  • In Brühen, Suppen oder Reisschalen gekocht – oft in Kombination mit:

    • Hühnchen (zur Qi-Tonisierung)

    • Ingwer (zum Erwärmen)

    • Datteln und Goji-Beeren (Blut- und Jing-tonisierend)

Beispielgericht:
„Morchel-Huhn-Suppe mit roten Datteln und Gojibeeren“ – klassisch zur Stärkung nach der Geburt oder Krankheit


Zusammenfassung der TCM-Wirkung von Morcheln:

Funktion TCM-Wirkung
Milz-Tonikum Unterstützt Verdauung, Qi-Aufbau
Lungenbefeuchtend Löst Schleim, beruhigt Husten
Nieren-stärkend (Jing) Vitalität, Fruchtbarkeit
Immunmodulierend Stärkt Wei-Qi (Abwehrenergie)

Morchel als Heilpilz in anderen Kulturen

Morcheln (Gattung Morchella) gelten nicht nur in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), sondern auch in anderen Kulturen weltweit als Medizinalpilz bzw. als gesundheitsförderndes Nahrungsmittel. Auch wenn sie in Europa vor allem als kulinarische Delikatesse bekannt sind, wurde ihre heilkundliche Bedeutung in verschiedenen Regionen überliefert und zunehmend auch wissenschaftlich untersucht.


1. Traditionelle Verwendung in Asien (außer TCM)

Tibetische und mongolische Medizin:

  • Morcheln gelten als Stärkungsmittel nach Krankheit, besonders zur Regeneration von Lunge und Nieren

  • In Tibet mit Yakfleisch gekocht als Kraftbrühe für Schwangere, Alte und Kranke

  • Anwendung bei Atemwegserkrankungen, Lungenschwäche, Asthma

Indien / Ayurveda:

  • Weniger zentral als andere Pilze, aber:

    • Trockenextrakte werden traditionell zur Stärkung des Verdauungsfeuers (Agni) verwendet

    • Tonikum bei körperlicher Schwäche und Untergewicht

    • Morcheln gelten als sattvisch – also geistig klärend und balancierend


2. Volksmedizin in Europa

Mitteleuropäische Kräutermedizin (historisch):

  • Morcheln galten als „Leckerei für Kranke“: leicht verdaulich, nährend, appetitanregend

  • Verwendung bei:

    • Schwäche nach Fieberkrankheiten

    • Verdauungsanregung bei Appetitlosigkeit

    • Schonkost bei Magenproblemen

  • Teilweise als Hustenmittel in Wein ausgekocht oder in Brühen verabreicht


3. Traditionelle nordamerikanische Nutzung

Indigene Völker Nordamerikas (z. B. Cree, Ojibwa):

  • Morcheln wurden als nährende Waldmedizin geschätzt

  • Verwendung als Stärkungsmittel nach langen Wintern

  • Teilweise auch äußerlich verwendet bei Schwellungen (in Tinkturen oder Umschlägen)


4. Moderne naturheilkundliche Bewertung

Morcheln werden heute – auch außerhalb der TCM – als potenziell gesundheitsfördernde Vitalpilze eingestuft. Forschungsinteressen gelten z. B.:

  • Immunmodulierenden Eigenschaften (durch Polysaccharide)

  • Antioxidativer Wirkung (Flavonoide, Selen, Vitamin D)

  • Cholesterin- und Blutzuckerregulierenden Effekten (aus Tierversuchen)

  • Neuroprotektiver Wirkung (z. B. durch Acetylcholinesterase-Hemmung)